PROJEKT: >> Raumakustische Sanierung der Bank Austria Halle als 3-Phasenweg von eingeschränkter bis optimaler Nutzung
FERTIGSTELLUNG: Oktober 2002
STANDORT: 1030 Wien
TÄTIGKEIT: Raumakustische Bearbeitung für Sanierung
DATENBLATT: Download
LINK: Bank Austria Halle
PRESSE: "Maßgeschneidertes Konzept" in: BM Baumagazin 5/2003
Die Form der Bank Austria Halle könnte allgemein als ein annähernd runder Kuppelbau mit stark abgeflachter Decke - und dafür stärker ausgerundeten Seitenbereichen bezeichnet werden.
Bereits diese Form bedeutet dem Akustiker schon eine gewisse Warnung:
- vor Ungleichmäßigkeiten der Schallverteilung
- vor Brennpunkts- und Fokussierungserscheinungen
- vor Ungleichmäßigkeiten des Frequenzganges von Schallereignissen (sodaß deren Tiefen, Mitten und Höhen nicht in einer angepassten, zueinander "balancierten" Weise vorhanden sind).
Geht man als Bearbeiter eines solchen bereits bestehenden Projekts ans Werk, so treten die oben bereits teilweise ausformulierten Probleme nicht sofort klar und einzeln getrennt, sondern als zunächst komplexes raumakustisches Problem in Erscheinung. Nicht selten tritt auch der Fall auf, dass der "zweitwichtigste" Mangel eines Raumes erst nach Beseitigung des erheblichsten eingegrenzt werden kann.
Zunächst zeigten erste Messungen der Halligkeit
- eine signifikante Überbetonung der Mittenfrequenzen (welche hörbildlich gesprochen die "Präsenz" ausmachen) bei starkem Fehlen insbesondere des oberen Höhenbereiches (dieser soll als "Brillanz" bezeichnet werden)
- eine sehr ausgeprägte Tendenz zur Bildung stehender Wellen im Mittenbereich des Raumes, verbunden mit Fokussierungs- (Brennpunkts-)erscheinungen in Nähe der beiden Seiten
- einen erheblichen Abschattungseffekt unter der Galerie
Weiters zeigten Messungen der Eigenmoden im Saal
- einen Bedarf an Schallabsorption insbesondere in den Frequenzbereichen 55, 90, 130 und 160 Hz
Im Zusammenhang mit diesen, insbesondere bei beschallten Konzertevents auftretenden massiven Problemen werden die im Zuge der Erstellung des Erstprojekts gesetzten akustischen Maßnahmen wie folgt dargestellt:
- Die mit der Stahltragkonstruktion ausgestattete, stark abgeflachte "Kuppel" der Halle war zunächst unbehandelt und wirkte, wenn auch in geringen Maß, schallkonzentrierend.
- Die Stirnwand ("Bühnenwand") würde zwar ebenfalls eine Fokussierung in das hintere Drittel des Zuschauerraumes werfen, jedoch wird dies durch im Bühnenbereich fast immer verwendeten Molton-Vorhängen verhindert.
- Die stark gekrümmten Seitenwandbereiche waren mit einer ca. 2 - 3 cm dicken Schicht aus Spritzputz bedeckt. Die Bedämpfung dieser Bereiche massiver Schallkonzentration war zwar Prinzipiell richtig, praktisch wurden aber schallschluckend nur die (oben beschriebenen) obersten Frequenzbereiche erfasst - bis zu annähernd dem Frequenzbereich, in welchem die kleinen Wellenlängen der Höhen einem Viertel der Putzdicke entsprechen. Bereits bei mittleren und insbesondere tiefen Frequenzen trägt dieser Putz praktisch zu keiner Schallabsorption mehr bei.
Dies soll an einem Beispiel gezeigt werden:
- Ein 4000 Hz-Ton hat eine Wellenlänge von l = 8,5 cm, damit wird l / 4 = 2,1 cm, also in der Größenordnung der Putzdicke - für diese Frequenz wirkt der Schallschluckputz stark absorbierend.
- Hingegen hat bereits ein 500 Hz - Ton eine Wellenlänge von l = 68,0 cm. Damit wird l / 4 = 17,0 cm und übersteigt damit beträchtlich die Größenordnung der Putzdicke. An den unteren Seiten- und Rückwandbereichen waren Blechabsorber angebracht, deren selektive Tiefenabsorption (zufällig?) stark einförmig auf einen sehr selektiven mittleren Frequenzbereich abgestimmt war und erhebliche lästige Resonanzgeräusche aufwies.
Sanierungsphase 1
Als erste Maßnahme wurden für die Saaldecke sehr stark mittelfrequent wirkende, großformatig leicht durchhängende Lochplattenabsorber konstruiert, welche nach Abhängen auch die leicht schallkonzentrierende Wirkung der Saaldecke kompensierten. Bei dieser Maßnahme musste insbesondere auf die als Erstmaßnahme montierte Sprinkleranlage vollste Rücksicht genommen werden, um die Erfordernisse des Brandschutzes nicht zu beinträchtigen. Bereits durch diese erste Maßnahme wurde der exzessiv hohe mittelfrequente Hallanteil im Raum erheblich herabgesetzt - zwischenzeitlich.
Als zweite Maßnahme wurden die nur ungünstigerweise im obersten Höhenbereich wirksamen Schallschluckputzflächen in den Seitenbereichen mit hartem Material überzogen.
Als dritte Maßnahme wurden die Bühnenvorhänge als eine in zwei Ebenen mit ca. 0,4 m Abstand jeweils mehrlagige Stofflage konzipiert. - Mit dieser Anordnung wurden bereits in der Halle E des Museumsquartiers Erfahrungen hinsichtlich sehr guter Breitbandigkeit der Schallabsorption gemacht.
Als vierte Maßnahme wurden - entsprechend dem Bedarf an Schallabsorption in den Frequenzbereichen 55, 90, 130 und 160 Hz selektiv wirkende kombinierte Helmholtzresonatoren geplant und entlang der Saalgalerie abgehängt. - Ein im Labor gefahrener Serienversuch mit diesen Reonatoren zeigte als interessantes Nebenergebnis die Größenordnung der äquivalenten Absorptionsfläche im Frequenzbereich zwischen 90 und 160 Hz von nur 0,5 - 0,7 m² auf.
Bereits nach der ersten Phase konnten bei beschallten Konzertevents folgende erhebliche raumakustische und beschallungstechnische Verbesserungen festgestellt werden:
- Verbesserte Aussteuerungsbedingungen im Bassbereich
- Günstig fehlender Überhang der exzessiv vohandenen Mitten
- Die extrem große Anhebung der Mitten war nicht mehr erforderlich.
Sanierungsphase 2
In der zweiten Phase ergab sich - aus den zwischenzeitlich erfolgten Zwischenmessungen - die Konzeption großformatiger Streukörper mit tieffrequentem Absorptionsverhalten.
Als Maßnahme der Phase 2 wurden nun entlang der gekrümmten Seitenwände Helmholtzresonatoren mit (noch erforderlichem) Wirkungsbereich 50 und 125 Hz vorgesehen. - Insbesondere war auch das Kriterium ausreichender Schallstreuung im Seitenwandbereich und damit Minimierung der Erscheinungen stehender tieffrequenter Wellen in Publikumsmitte ein Grund für die - wirtschaftlich aufwändige - Konzeption dieser Resonatoren.
Sanierungsphase 3
Die dritte Phase erstreckte sich grundsätzlich noch auf "Konfektionierungsmaßnahmen" für wünschenswerte raumakustische Verbesserungen in nicht mehr primären Teilbereichen im Saal: Als erste Maßnahme der Phase 3 wurden nun sämtliche Blechresonatoren hinsichtlich ihres Frequenzganges überprüft, von Resonanzerscheinungen befreit und mit Schluckstoff auf stärkere Breitbandigkeit eingestimmt.
Als zweite Maßnahme wurde an der Galerieuntersicht der Balkonbrüstung der die Abschattung der Decke noch ungünstige Spritzputz mit "schallhartem" Material überzogen.
Schließlich wurden als dritte Maßnahme abgehängte Paneele als günstige Teilflächen erster "Deckenreflexionen" für die Zuschauer konzipiert. Diese waren unter den an der Galerieuntersicht bereits in Phase 1 montierten Helmholtzresonatoren vorgesehen.
Vorläufiges Resumé
Die Halle wurde bei bereits stattgefundenen Popkonzerten (z. B. "Iggy Pop") raumakustisch positiv und in beschallungstechnischer Hinsicht als erheblich leichter bespiel- und aussteuerbar bezeichnet. Darüber hinaus diente sie auch bei der Produktion der modernen Oper "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" von Helmut Lachenmann erfolgreich als Spielort.